Das Studium der Rechtswissenschaft in Passau

Aus: Rechtsvorschriften und Informationen für das juristische Studium (hrsg. vom Dekanat der Juristischen Fakultät der Universität Passau), 1995, S. 1 - 9

I. Der Jurist und sein Beruf

1. Berufsziele

Die Ausbildung zum Juristen eröffnet noch immer den Zugang zu einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Berufe. Die bekanntesten davon sind: der Richter, der Rechtsanwalt, der Staatsanwalt, der Verwaltungsjurist, der Wirtschaftsjurist und der Notar. Als besonders attraktiv gilt vielfach auch die Tätigkeit im diplomatischen Dienst sowie bei internationalen Organisationen. Daneben gibt es einen breiten Fächer weiterer Berufe, die aufgrund einer juristischen Ausbildung ergriffen werden können, angefangen vom Journalisten über den Bibliothekar bis hin zum Hochschullehrer. Dieses breite Feld beruflicher Laufbahnen beruht nicht nur auf der zunehmenden Verrechtlichung unserer Gesellschaft. Es hängt ebenso sehr damit zusammen, daß der Jurist herkömmlicher Prägung über logische, soziale und sprachliche Fähigkeiten verfügt, die in unterschiedlichen Zusammenhängen gefragt sind. Von einem Juristen erwartet man, daß er komplexe Sachverhalte zu analysieren und mit wenigen Zügen "auf den Punkt" zu bringen weiß, daß er in der Lage ist, für rechtliche Probleme angemessene Lösungen zu entwickeln, und daß er es nicht zuletzt auch versteht, diese in Wort und Schrift überzeugend darzustellen.

Nicht alle Fähigkeiten, die dafür erforderlich sind, können im akademischen Unterricht gelehrt werden. Vieles verdankt sich einem eigenen Ethos und erschließt sich nur dem, der dies auch für sich als verpflichtend anerkennt. Wem es in letzter Instanz nicht um Gerechtigkeit geht, muß die Aufgabe, die ihm als Jurist gestellt ist, verfehlen. Allerdings ist der Jurist bei seiner Tätigkeit auch auf ein erhebliches Maß an positiven Rechtskenntnissen angewiesen. Anfänger neigen erfahrungsgemäß dazu, die Schwierigkeiten, die sich hieraus ergeben, zu unterschätzen. Davor kann nur dringend gewarnt werden.

Das Studium der Rechtswissenschaft zeichnet sich nämlich dadurch aus, daß der Einstieg leicht zu sein scheint und die eigentlichen Schwierigkeiten erst allmählich sichtbar werden. Wer es am Anfang versäumt, solide Grundlagen zu legen, kann das später nur schwer nachholen. Die Weichen zum Erfolg oder Mißerfolg werden daher häufig bereits in den ersten Semestern gestellt. 2. Die Struktur der Ausbildung

Näher besehen ist die juristische Ausbildung in Deutschland von zwei Grundsätzen geprägt: durch das Ausbildungsziel des Einheitsjuristen sowie durch die Aufteilung der Ausbildung in zwei große Abschnitte, nämlich in das Universitätsstudium und den Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendar.

a) Das Ausbildungsziel des Einheitsjuristen besagt, daß alle (Voll-)Juristen dieselbe Ausbildung erhalten, gleichgültig in welchen juristischen Berufen sie später tätig werden wollen. Durch die Einführung von Wahlfächern und Wahlstationen hat dieser Grundsatz zwar eine gewisse Auflockerung erfahren. Das ändert indessen nichts daran, daß es sich nach wie vor um den prägenden Leitgedanken der deutschen Juristenausbildung handelt.

Wo alle angehenden Juristen die gleiche Ausbildung durchlaufen, kann diese angesichts der großen Zahl juristischer Berufe nicht unmittelbar berufsbezogen sein. In der Tat besteht der Sinn der herkömmlichen Juristenausbildung nicht darin, Absolventen hervorzubringen, die in einem bestimmten Beruf unmittelbar eingesetzt werden können. Ziel ist vielmehr der "Einheitsjurist", der mit dem Gesamtsystem des geltenden Rechts und den allgemeinen Problemen der Rechtsanwendung so vertraut ist, daß er sich in beliebige Spezialgebiete und die dazu gehörigen Berufsfelder mehr oder weniger selbständig einarbeiten kann.

Aus mangelndem Verständnis für die Eigenart des modernen deutschen Rechts ist dieses Ziel häufig kritisiert worden. In regelmäßigen Abständen wird die Forderung laut, möglichst frühzeitig eine berufsbezogene Spezialisierung zu ermöglichen. Dabei wird unter anderem übersehen, daß in der früheren DDR eine derartige Ausbildung über viele Jahre hinweg praktiziert wurde, ohne daß dabei aus heutiger Sicht befriedigende Ergebnisse erzielt worden wären. Die "Diplomjuristen" der DDR wurden nur für bestimmte Berufsfelder ausgebildet (Richter und Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Wirtschaftsjurist). Die Folge davon war, daß ihnen das Verständnis für das Ineinandergreifen der verschiedenen Teilsysteme des Rechts abging und daß sie nach dem Beitritt der neuen Bundesländer den komplizierten Aufgaben, die sich im Rahmen des modernen Rechtsstaats stellen, häufig nicht gewachsen waren.

Im demokratischen Rechtsstaat kommt es nicht nur darauf an, ein Vollzugspersonal heranzubilden, das in der Lage ist, bestimmte Gesetzesbefehle in die vom Gesetzgeber vermutlich gewünschten Entscheidungen umzusetzen. Der Rechtsstaat braucht vielmehr Juristen, die ein klares Bewußtsein von der rechtlichen Bedeutung ihrer Tätigkeit haben und die zugleich wissen, welche Folgen ihre Entscheidungen im Gesamtsystem des Rechts nach sich ziehen. Wer dieses Gesamtsystem in seinen Grundzügen nicht kennt, ist zu einem eigenverantwortlichen Umgang mit dem Recht nicht in der Lage, mögen auch seine Kenntnisse auf einzelnen Spezialgebieten noch so groß sein.

b) Auf einer anderen Ebene liegt die Unterscheidung von Universitätsstudium und Vorbereitungs-dienst bzw. - wie statt dessen häufig gesagt wird - Referendarausbildung. Beide Ausbildungsabschnitte werden durch eine eigene Prüfung abgeschlossen, das Universitätsstudium durch die Erste Juristtsche Staatsprüfung ("Referendarexamen"), die Referendarausbildung durch die Zweite Juristische Staatsprüfung ("Assessorexamen").

Für das Universitätsstudium ist nach dem Deutschen Richtergesetz eine Studiendauer von mindestens 7 Semestern vorgesehen. Die Regelstudienzeit beträgt in Bayern einschließlich der Ersten Juristischen Staatsprüfung 9 Semester. (Das ist zugleich die Förderungshöchstdauer nach dem BAföG.) Um einer unangemessenen Ausdehnung des Studiums entgegenzuwirken, sieht die Einf 1 bayerische Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) ein Malus- und ein Bonussystem vor: Wird die Regelfrist für die Meldung zur Prüfung um mehr als 4 Semester überschritten, dh. hat sich der Bewerber bis einen Monat vor Vorlesungsschluß des 12. Semesters noch nicht zur Prüfung gemeldet, so gilt die Prüfung als abgelegt und nicht bestanden, § 15 II JAPO. Legt ein Prüfungsteilnehmer dagegen die Erste Juristische Staatsprüfung unmittelbar im Anschluß an das achte Semester vollständig ab und besteht sie nicht, so gilt die Prüfung als nicht abgelegt, § 29 a I JAPO. Der Teilnehmer kann die Prüfung in diesem Fall zu einem späteren Termin wiederholen, ohne als Wiederholer zu gelten (sog. Freiversuch).

An den erfolgreichen Abschluß des Universitätsstudiums schließt sich der "Vorbereitungsdienst" bzw. die Referendarzeit an. Während dieser Zeit lernt der Referendar eine Reihe von praktischen Ausbildungsstationen vor allem im Bereich der Justiz, der Verwaltung und der Anwaltschaft kennen. Dabei soll er die Fähigkeit erwerben, das an der Universität Gelernte im Rahmen bestimmter Berufsfelder praktisch anzuwenden. Nach § 32 I JAPO hat der Vorbereitungsdienst "das Ziel, den Rechtsreferendar mit den Aufgaben der Rechtspflege und der Verwaltung vertraut zu machen und dadurch in die Verwirklichung des Rechts einzuführen. Am Ende der Ausbildung soll der Rechtsreferendar in der Lage sein, in der Rechtspraxis, soweit erforderlich nach einer Einarbeitung, eigenverantwortlich tätig zu sein und den vielseitigen und wechselnden Anforderungen der Gesellschaft gerecht zu werden." Die Referendarausbildung dauert derzeit zwei Jahre und mündet in die Zweite Juristische Staatsprüfung. Volljurist ist nur, wer beide juristische Staatsprüfungen erfolgreich abgelegt hat.

II. Gegenstand und Aufbau des juristischen Studiums

1. Haupt- und Nebenfächer

Während des Studiums beschäftigt sich der angehende Jurist vor allem mit den drei großen Rechtsgebieten Bürgerliches Recht, Staats- und Verwaltungsrecht (häufig auch als "Öffentliches Recht" bezeichnet) und Strafrecht. Diese Gebiete kann man in aller Kürze so charakterisieren: Im Bürgerlichen Recht geht es vor allem um die Regelung von Konflikten, die sich aus den Beziehungen der Bürger untereinander ergeben (Vertragsverhältnisse, Schadensersatzverpflichtungen, familien- und erbrechtliche Fragen). Gegenstand des Strafrechts ist die Ahndung von Verbrechen und Vergehen mit dem Mittel der Strafe. Im Öffentlichen Recht endlich geht es um das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern (z.B. Kommunalrecht, Baurecht, Polizeirecht) und um die Rechtsbeziehungen zwischen den staatlichen Organen und Organisationen (z.B. Bundestag und Bundesrat, Bund und Länder, Länder und Gemeinden).

Hinzu kommen die Grundlagenfächer, die sich um die Klärung der historischen, philosophischen und soziologischen Grundlagen des Rechts bemühen (Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie). Die drei Hauptgebiete Bürgerliches Recht, Strafrecht und Öffentliches Recht zerfallen in eine Vielzahl von Einzelmaterien, denen in Ausbildung und Prüfung ein unterschiedliches Gewicht zukommt.

Als Pflichtfächer (§ 5 II JAPO) werden dabei diejenigen Rechtsgebiete bezeichnet, die jeder Examenskandidat beherrschen muß. Im schriftlichen Teil des Ersten Juristischen Staatsexamens spielen die Pflichtfächer die dominierende Rolle. Von insgesamt 8 fünfstündigen Klausuren sind - und zwar für alle Kandidaten gleich - vier Aufgaben aus dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts, eine Aufgabe aus dem Gebiet des Strafrechts und zwei Aufgaben aus dem Gebiet des Öffentlichen Rechts zu bearbeiten.

In den Wahlfachgruppen sind jeweils verwandte Spezialmaterien aus den drei großen Rechtsgebieten, aber auch aus dem Bereich der Grundlagenfächer zu einzelnen Fächergruppen zusammengefaßt, deren Kenntnis nicht von allen Kandidaten erwartet wird. Derzeit gibt es in Bayern 13 Wahlfachgruppen (§ 5 III JAPO). Davon muß jeder Student eine Wahlfachgruppe wählen. Im Ersten Juristischen Staatsexamen ist aus dem Gebiet dieser Wahlfachgruppe eine fünfstündige Klausur zu schreiben. (Zur näheren Information über die Wahlfachgruppen hat die Juristische Fakultät 1993 eine besondere Broschüre herausgegeben, die beim Dekanat erhältlich ist.)

Während des Studiums müssen ferner mindestens sechs Wochenstunden Lehrveranstaltungen aus den Wirtschaftswissenschaften einschließlich Finanzwissenschaften sowie sechs Wochenstunden Lehrveranstaltungen aus anderen nichtjuristischen Gebieten besucht werden (§ 12 II JAPO).

2. Praktische Studienzeiten

In der vorlesungsfreien Zeit muß jeder Student außerdem insgesamt drei Monate an praktischen Studienzeiten teilnehmen (§ 14 JAPO). Dieses Praktikum kann frühestens nach Vorlesungsschluß des zweiten Studiensemesters abgeleistet werden. Die Ausbildung kann auch in anderen Bundesländern oder im Ausland erfolgen. Um die Ausbildungsstelle muß sich der Student selbst bemühen. Näheres regeln die Bekanntmachungen des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 13.3.1992 (JMBl S. 58) sowie des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 29.1.1992 (AllMBl S. 175).

3. Typen von Lehrveranstaltungen

Die an der Universität angebotenen Lehrveranstaltungen kann man im wesentlichen in drei Gruppen einteilen: Vorlesungen, Übungen und Seminare. Vorlesungen sind Lehrveranstaltungen, die vor allem der systematischen Vermittlung des Lehrstoffs dienen. Der "Hörer" bleibt dabei, wie der Name sagt, meist passiv und versucht das Vorgetragene in sich aufzunehmen. In gewissem Umfang wird heute allerdings auch ein anderer Vortragsstil praktiziert, bei dem der Hörer durch gezielte Fragen des Vortragenden aktiv in die Veranstaltung miteinbezogen wird.

In den Übungen wird das Gelernte praktisch angewandt. Das geschieht in der Weise, daß konkrete Rechtsfälle ausgegeben werden, die von den Übungsteilnehmern in Form einer Klausur oder einer Hausarbeit zu lösen sind. Zur Lösung solcher Fälle sind im Laufe der Zeit eigene Techniken entwickelt worden, die zugleich in den Übungen vermittelt werden sollen. Wer das Ausbildungsziel der Übung erreicht hat, erhält darüber einen Leistungsnachweis (Übungsschein) ausgestellt.

Seminare dienen der Diskussion ausgewählter Themen im kleinen Kreis; Grundlage ist dabei meist eine schriftliche Ausarbeitung des jeweiligen Referenten. Im Gegensatz zur Vorlesung setzt die Teilnahme an einem Seminar die vorherige Anmeldung und die Zulassung durch den Seminarveranstalter voraus. Die erfolgreiche Teilnahme an einem Seminar wird durch einen Seminarschein bestätigt.

Parallel zu grundlegenden Vorlesungen finden vor allem in den Anfangssemestern sog. Begleitkolloquien statt. Anders als die Vorlesungen werden diese nicht von den Professoren selbst, sondern von Assistenten abgehalten. In den Begleitkolloquien wird der Vorlesungsstoff vorlesungsbegleitend wiederholt und anhand praktischer Fälle erläutert. Die Aufteilung in kleinere Gruppen soll den Teilnehmern Gelegenheit geben, Fragen zu stellen und ohne Scheu miteinander zu diskutieren.

4. Der Aufbau des Studiums

Für den Aufbau des Studiums gibt es keine zwingenden Vorschriften. Das eröffnet dem Studenten die Möglichkeit, sein Studium nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Allerdings gibt es Sinnzusammenhänge und Erfahrungen, über die man sich nicht ohne Grund hinwegsetzen sollte. Die juristische Fakultät hat ihre Vorschläge für einen sinnvollen Studienaufbau in einem Studienplan niedergelegt. Da die meisten Lehrveranstaltungen nicht in jedem Semester angeboten werden können, sieht der Studienplan für Wintersemester- und Sommersemesteranfänger einen unterschiedlichen Studienaufbau vor.

III. Das Erste Juristische Staatsexamen

1. Voraussetzungen

Wer sich dem Ersten Juristischen Staatsexamen unterziehen will, hat beim Landesjustizprüfungsamt die Zulassung zur Prüfung zu beantragen. Die Meldung muß wenigstens einen Monat vor Vorlesungsschluß des letzten Studiensemesters und spätestens einen Monat vor Vorlesungsschluß des 12. Semesters erfolgen (§ 15 JAPO). Weiter ist zu beachten, daß in Bayern die zwei der Prüfung vorausgehenden Semester an der Universität des Prüfungsortes abzuleisten sind (§ 11 I 3 JAPO). Wenn die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, wird der Kandidat zum schriftlichen Teil der Prüfung zugelassen (§ 16 JAPO). Die Voraussetzungen dafür sind vor allem folgende:

ordnungsgemäßes Universitätsstudium der Rechtswissenschaften von wenigstens sieben Semestern (Verkürzung nach Maßgabe von § 11 JAPO möglich),

Vorlage je eines Leistungsnachweises aus einer Übung für Fortgeschrittene im Bürgerlichen Recht, im Strafrecht sowie im Öffentlichen Recht,

Vorlage eines Leistungsnachweises aus einem Seminar oder einer gleichwertigen Lehrveranstaltung, in der rechtswissenschaftliche Grundlagenfragen behandelt wurden,

Absolvierung einer dreimonatigen praktischen Studienzeit.

Wer im schriftlichen Teil der Prüfung einen Gesamtdurchschnitt von mindestens 3,60 Punkten erreicht und nicht in mehr als der Hälfte der Prüfungsarbeiten eine geringere Punktzahl als 4,00 erhalten hat, ist zur mündlichen Prüfung zugelassen (§ 24 III 1 JAPO).

2. Durchführung der Prüfung

Die schriftliche Prüfung besteht aus 8 fünfstündigen Aufsichtsarbeiten (Klausuren). Die Prüfungsaufgaben werden für ganz Bayern einheitlich gestellt und an allen Prüfungsorten zur selben Zeit bearbeitet. Herkömmlich werden alle Klausuren in zwei Wochen nacheinander geschrieben. Die Kandidaten müssen daher den gesamten Prüfungsstoff auf einmal parat haben. Das wird von den Betroffenen gelegentlich als unangenehm empfunden, bringt aber eine Reihe von Vorteilen mit sich. Einmal wirkt sich diese Regelung so aus, daß sich das Studium vom ersten bis zum letzten Tag auf das Gesamtsystem des Rechts richtet. Sodann sind die Studenten während des Studiums vom unmittelbaren Prüfungsdruck weitgehend befreit und können sich unbeschwert den eigentlichen Sachfragen widmen. Schließlich hat das hierzulande praktizierte System auch den Vorzug, daß schwächere Leistungen in früheren Studienabschnitten im Examenszeugnis nicht in Erscheinung treten.

Bei der mündlichen Prüfung werden bis zu fünf Teilnehmer gemeinsam geprüft. Dabei ist je Teilnehmer eine Gesamtprüfungsdauer von etwa 50 Minuten vorgesehen. Geprüft wird der Stoff, der bereits Gegenstand der schriftlichen Prüfung war: Bürgerliches Recht, Strafrecht, Öffentliches Recht sowie die gewählte Wahlfachgruppe.

3. Benotung

Die erzielten Leistungen werden nach einer Punkteskala bewertet, die von 0 bis 18 Punkten reicht und dabei die Noten von "ungenügend" bis "sehr gut" umfaßt. Die Prüfungsgesamtnote errechnet sich aus der Summe der in den acht Klausuren erzielten Punkte zuzüglich der Summe der in der mündlichen Prüfung in den vier Prüfungsgebieten erzielten Punkte geteilt durch zwölf. Die in der schriftlichen Prüfung erzielte Leistung geht also in die Gesamtnote mit zwei Dritteln, die mündliche Leistung mit einem Drittel ein.

An den deutschen juristischen Fakultäten ist seit langem eine Benotung üblich, die mit Recht als streng gilt, aber auch zu Recht streng ist. So wurden etwa im Prüfungstermin 1994/2 in Bayern bei 2160 Prüfungsteilnehmern folgende Ergebnisse erzielt:

sehr gut 0,20 %
gut 1,98 %
vollbefriedigend 9,63 %
befriedigend 24,02 %
ausreichend 30,01 %

Das ergibt eine Bestehensquote von insgesamt 65,84 %. Ähnlich waren die Ergebnisse in Passau ausgefallen, und in diesem Rahmen bewegen sich auch die Ergebnisse, die bei anderen Prüfungsterminen erzielt wurden.

IV. Promotion

Aufgrund einer wissenschaftlichen Abhandlung (Dissertation) und einer mündlichen Prüfung verleiht die Juristische Fakultät der Universität Passau nach Maßgabe ihrer Promotionsordnung (vgl. unten Nr. 7) den akademischen Grad eines Doktors der Rechtswissenschaft. Zur Promotion zugelassen wird grundsätzlich nur, wer die Erste oder Zweite Juristische Staatsprüfung mit der Note vollbefriedigend abgelegt hat (§ 6 I Nr. 1a PromO). Von dem Erfordernis dieser "Promotionsnote" kann Befreiung erteilt werden, wenn der Bewerber die Erste oder Zweite Juristische Staatsprüfung mit der Note befriedigend bestanden und seine wissenschaftliche Befähigung durch (mindestens zwei) Veröffentlichungen oder andere vergleichbare Leistungen nachgewiesen hat. Bevor diese zusätzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann der Promotionsausschuß nicht beurteilen, ob der Bewerber zur Promotion zugelassen werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt kann daher ein Betreuungsverhältnis wirksam nicht begründet werden.

V. Ausbildungsangebote für ausländische Studenten

1. Urkunde über Grundkenntnisse des deutschen Rechts

Studenten, die noch nicht an einer deutschen wissenschaftlichen Hochschule eingeschrieben waren, aber ein mindestens zweijähriges rechtswissenschaftliches Studium an einer ausländischen Hochschule erfolgreich absolviert haben, können nach einem Studium von mindestens zwei Semestern an der juristischen Fakultät der Universität Passau eine "Urkunde über Grundkenntnisse des deutschen Rechts" erwerben. Voraussetzung für die Erteilung der Urkunde ist, daß der Kandidat in einem von ihm gewählten Grundkurs mindestens eine Klausur und eine Hausarbeit schreibt, in einem Seminar ein Referat hält und sich nach einem mindestens zweisemestrigen Studium in Passau einer mündlichen Prüfung unterzieht. Das Nähere regelt die "Ordnung des Studiums und der Prüfung für eine Urkunde über Grundkenntnisse des deutschen Rechts der Juristischen Fakultät der Universität Passau" (vgl. unten Nr. 8).

2. Magister legum (LL.M.)

Des weiteren bietet die juristische Fakultät der Universität Passau für ausländische Juristen, die ein dem deutschen Rechtsstudium gleichwertiges juristisches Studium an einer ausländischen Hochschule erfolgreich abgeschlossen haben, einen Magisterstudiengang an. Auf der Grundlage einer bestandenen Magisterprüfung, die dem Nachweis der erforderlichen Fachkenntnisse im deutschen Recht und der Fähigkeit, wissenschaftlich zu arbeiten, dient, verleiht die Juristische Fakultät Passau den akademischen Grad eines Magister legum. Das Nähere regelt die Magisterordnung der Juristischen Fakultät (vgl. unten Nr. 9).

VI. Fachspezifische Fremdsprachenausbildung

Als Ergänzung zum rechtswissenschaftlichen Studium bietet die Universität Passau eine Fachspezifische Fremdsprachenausbildung an, die zur Zeit folgende Sprachen umfaßt: Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch, Arabisch, Chinesisch und Tschechisch. Die Fachspezifische Fremdsprachenausbildung ist in drei Abschnitte gegliedert, die sich jeweils über zwei Semester erstrecken: In der Grundausbildung werden sprachpraktische Fertigkeiten und rechts- und landeskundliche Kenntnisse vermittelt, die für das Verständnis des allgemeinen Sprachgebrauchs im Bereich des Rechts, der Wirtschaft und der Politik notwendig sind. In der Aufbaustufe 1 werden die bis dahin erworbenen Kenntnisse vertieft, wobei zugleich eine Einführung in die grundlegenden Begriffe der betreffenden Rechtsfremdsprache und in die Grundlagen des Rechtssystems des jeweiligen Landes bzw. der jeweiligen Länder gegeben wird. In der Aufbaustufe 2 erfolgt eine vertiefte Beschäftigung mit speziellen Problemen der juristischen Fachsprache und des Rechts des jeweiligen Landes bzw. der jeweiligen Länder. Alle drei Abschnitte werden durch eine Prüfung abgeschlossen, deren Bestehen Voraussetzung für die Zulassung zur nächstweiteren Prüfung ist. Das Nähere regelt die Ausbildung- und Prüfungsordnung für die Fachspezifische Fremdsprachenausbildung für Juristen an der Universität Passau vom 21.4.1980 (beim Dekanat erhältlich).

Von dem reichhaltigen Fremdsprachenangebot in Passau Gebrauch zu machen, kann allen Studenten nachdrücklich empfohlen werden. Durch die Zunahme internationaler Beziehungen im allgemeinen und das Zusammenwachsen der europäischen Staaten im besonderen können sich Juristen immer weniger auf das nationale Recht beschränken. Um mit ihren Kollegen aus anderen Ländern einen fachlichen Dialog führen zu können, müssen sie daher über Sprach- und Sachkenntnisse verfügen, wie sie nur im Wege einer zusätzlichen Ausbildung erworben werden können.

An der Juristischen Fakultät Passau wird die Teilnahme an der Fachspezifischen Fremdsprachenausbildung in der Weise honoriert, daß das Bestehen der Fachspezifischen Fremdsprachenprüfung 2 bei der Meldung zum Ersten Juristischen Staatsexamen als Grundlagenschein i.S. von § 13 II 1 JAPO anerkannt wird.

Dabei sollte indessen nicht verkannt werden, daß bereits das Studium des deutschen Rechts selbst den vollen Einsatz aller Kräfte voraussetzt. Wegen der vergleichsweise geringen Anfangsschwierigkeiten des juristischen Studiums trauen sich in den ersten Semestern häufig auch durchschnittliche Studenten zu, gleichzeitig mehrere Fremdsprachen nebenbei studieren zu können. Unter dem Einfluß des mit fortschreitendem Studium zunehmend größer werdenden Leistungsdrucks wird dann nicht selten nur eine einzige Fremdsprache wirklich zu Ende geführt. Der im Rechtsstudium unterdessen entstandene Rückstand aber wird beim Repetitor aufgeholt. Wie überall in der Wissenschaft ist daher auch hier der Rat zu beherzigen: multum non multa.

VII. Auslandsaufenthalt

Die Juristische Fakultät der Universität Passau unterhält eine Vielzahl von Austauschbeziehungen zu ausländischen Universitäten (zur Zeit: Angers, Le Mans, Nantes, Toulouse, Tours, London, Cardiff, Leeds, Dublin, Pavia, Porto, Santiago de Compostela, Prag, Ivanovo, Ankara, Kairo, Shanghai, Melbourne). Zur Information über die bestehenden Austauschprogramme und das Bewerbungs- und Auswahlverfahren hat das Akademische Auslandsamt der Universität Passau eine (derzeit noch nicht ganz vollständige) Broschüre herausgebracht.

Ein ordnungsgemäßes Studium ausländischen oder internationalen Rechts an einer ausländischen rechtswissenschaftlichen Fakultät wird nach Maßgabe von § 29 a I Nr. 2 a JAPO auf die für den "Freiversuch" geltende Höchststudienzeit von acht Semestern nicht angerechnet. Wer sein deutsches Jurastudium zugunsten eines ein- oder zweisemestrigen Auslandsstudiums unterbricht, muß daher auf die Teilnahme am Freiversuch nicht verzichten.

Gleichwertige Leistungsnachweise einer ausländischen Universität können gem. § 13 II 2 JAPO als Grundlagenschein, möglicherweise sogar gem. § 13 I 2 JAPO als Fortgeschrittenenschein anerkannt werden.